Namibische Wüste mit Windturbinen und Solarpaneelen im Vordergrund, einer verlassenen grünen Wasserstoffanlage und einer erfolgreichen modernen grünen Stahlfabrik im Hintergrund. Dramatische Beleuchtung betont den Kontrast zwischen einem gescheiterten Industrieprojekt und einer nachhaltigen Energieinitiative in Afrika.
Namibische Wüste mit Windturbinen und Solarpaneelen im Vordergrund, einer verlassenen grünen Wasserstoffanlage und einer erfolgreichen modernen grünen Stahlfabrik im Hintergrund. Dramatische Beleuchtung betont den Kontrast zwischen einem gescheiterten Industrieprojekt und einer nachhaltigen Energieinitiative in Afrika.

Gescheiterte H2-Vorhaben: Warum das Vorhaben in Namibia scheiterte – und welche Chancen bleiben

Der spektakuläre Rückzug aus dem 10-Milliarden-Dollar-Wasserstoffprojekt in Namibia offenbart die fundamentalen Schwächen der europäischen Wasserstoffstrategie. Während Deutschland seine Klimaziele verfehlt und Großprojekte reihenweise kollabieren, stellt sich die Frage: War das Konzept von Anfang an zum Scheitern verurteilt? Eine kritische Analyse zeigt nicht nur die Versäumnisse, sondern auch intelligentere Wege für Namibia.

Wasserstoff in Afrika: Viel Geld, keine Erfahrung

RWE hatte 2022 zugesagt, ab 2027 jährlich bis zu 350.000 Tonnen grünes Ammoniak aus Namibia abzunehmen – ohne nennenswerte Erfahrung in der Wasserstoffwirtschaft. Das erinnert fatal an die SAP-Einführung bei großen Energiekonzernen in den 2000er Jahren: Milliarden wurden investiert, Prestige-Ankündigungen gemacht, am Ende blieben gescheiterte IT-Projekte und verbranntes Kapital. Der Essener Energieriese ist primär ein Kohle- und Gaskonzern mit Wind- und Solar-Expertise, aber kein Wasserstoff-Spezialist.

Die offizielle Begründung für den Ausstieg klingt beschönigend: „Die Nachfrage nach Wasserstoff sowie nach Wasserstoff-Derivaten wie Ammoniak entwickelt sich in Europa langsamer als erwartet.“ Übersetzt heißt das: Es gibt schlicht keine Kunden. Deutschland hat von geplanten zehn Gigawatt Produktionskapazität bis 2030 bisher nur 0,12 Gigawatt installiert – ein Hundertstel. Milliardenprojekte wie ArcelorMittals grüner Stahl in Bremen oder das Wasserstoff-Unternehmen HH2E sind bereits gescheitert oder insolvent.

Das absurde Prinzip: Von Wasser zu Ammoniak und zurück

Die geplante Prozesskette war technisch möglich, aber ökonomisch und ökologisch fragwürdig: Meerwasser entsalzen, mit Sonne und Wind in Elektrolyseuren in Wasserstoff spalten, diesen in Ammoniak umwandeln (minus 33 Grad), tausende Kilometer nach Deutschland verschiffen, dort wieder in Wasserstoff zurückverwandeln und schließlich nutzen. Bei jedem Schritt gehen Energie und Effizienz verloren.

Das Hyphen-Projekt sollte 7.000 Megawatt Strom produzieren – zehnmal mehr als Namibias gesamte Spitzenlast. Dieser gigantische Energieaufwand diente ausschließlich dem Export, während die Hälfte der namibischen Bevölkerung keinen Stromanschluss hat. Koloniale Muster der Ressourcenausbeutung schimmern durch: Rohstoffe werden exportiert, die lokale Bevölkerung profitiert kaum.

Der Vergleich mit Atomkraftwerken ist durchaus berechtigt: Auch dort wird letztlich nur Wasser erhitzt, um Dampfturbinen anzutreiben – ein komplexer, teurer Umweg zur Stromerzeugung. Beim Wasserstoff-Ammoniak-Kreislauf potenziert sich diese Ineffizienz durch die mehrfachen Umwandlungsverluste. Wasserstoffexperte Philipp C. Verpoort vom Potsdam-Institut kritisiert scharf: Anstatt diese absurde Kette zu durchlaufen, sollte man direkt vor Ort wertschöpfende Produkte herstellen.

Namibia braucht jetzt Wasserstoff Expertise, keine Energie-Dinosaurier

Namibias Regierung ist gut beraten, sich von unerfahrenen Großkonzernen zu lösen und stattdessen echte Wasserstoff-Spezialisten an Bord zu holen. Unternehmen wie Nel Hydrogen aus Norwegen, Plug Power aus den USA oder die deutschen Firmen Sunfire und Thyssenkrupp Nucera verfügen über jahrzehntelange Elektrolyseur-Expertise. Auch südafrikanische und asiatische Player wie Sasol oder Hyundai könnten wertvolle Partner sein.

Entscheidend ist: Namibia sollte nicht als reiner Rohstofflieferant agieren, sondern eigene Wertschöpfungsketten aufbauen. Die namibische Regierung hatte bereits 24 Prozent Beteiligung am Hyphen-Projekt – ein Schritt in die richtige Richtung. Doch technologisches Know-how muss im Land verankert werden, nicht nur finanzielle Beteiligung. Universitäten, Forschungseinrichtungen und lokale Unternehmen müssen systematisch in den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft eingebunden werden.

Alternative 1: Grünen Stahl für Afrika und die Welt produzieren

Das erfolgreichste Wasserstoff-Projekt in Namibia ist nicht das gescheiterte Hyphen-Vorhaben, sondern das Oshivela-Projekt zur Herstellung von grünem Eisen. Im April 2025 wurde Afrikas erstes Wasserstoff-Eisenwerk feierlich eröffnet – ein Meilenstein. Mit einem 12-Megawatt-Elektrolyseur und lokalen Eisenerzvorkommen produziert die Anlage jährlich 15.000 Tonnen direkt reduziertes Eisen und spart dabei über 20.000 Tonnen CO₂ ein.

Das BMWK förderte das Projekt mit 13 Millionen Euro – ein Bruchteil der Hyphen-Investition. Die Anlage könnte künftig auf zwei Millionen Tonnen grünes Eisen pro Jahr ausgebaut werden. Deutschland importiert jährlich mehrere Millionen Tonnen Eisen – der Markt ist riesig. Doch viel wichtiger: Afrika selbst hat einen enormen Stahlbedarf für Infrastrukturprojekte. Südafrika, Nigeria, Kenia und Äthiopien bauen Eisenbahnen, Brücken und Städte – alles braucht Stahl.

Grüner Stahl aus Namibia könnte zum Exportschlager in afrikanische Nachbarländer werden und lokale Wertschöpfung generieren, anstatt Rohstoffe nach Europa zu verschiffen. Die Stahlproduktion verursacht weltweit ein Achtel aller CO₂-Emissionen – grünes Eisen aus Namibia wäre ein echter Game-Changer. Das Oshivela-Modell zeigt: Kleinere, lokal verankerte Projekte funktionieren besser als Megaprojekte für den Export.

Alternative 2: Afrikanischer Wasserstoff Markt statt Europa-Fokus

Warum sollte Namibia Wasserstoff nach Europa exportieren, wenn der afrikanische Kontinent selbst enormen Bedarf hat? Südafrika betreibt noch immer kohlekraftbasierte Industrien, die dringend dekarbonisiert werden müssen. Ägypten und Marokko investieren massiv in grünen Wasserstoff für lokale Düngemittelproduktion. Nigeria könnte seine Öl-Raffinerien mit Wasserstoff nachrüsten.

Der Transport innerhalb Afrikas wäre weitaus effizienter als der Schiffsweg nach Europa. Pipelines nach Südafrika oder Häfen für küstennahe Verschiffung wären infrastrukturell machbar. Die African Continental Free Trade Area (AfCFTA) schafft seit 2021 einen gemeinsamen Markt mit 1,3 Milliarden Menschen – ein gigantisches Potenzial. Namibia könnte zum Energie-Hub für den südlichen und östlichen Afrika werden.

Mehrere andere Pilotprojekte in Namibia zielen bereits auf lokale Nutzung ab: Wasserstoff als Treibstoff für Lokomotiven, zur Stromerzeugung in abgelegenen Regionen und für die Ammoniakproduktion als Dünger für die namibische Landwirtschaft. Diese dezentralen Ansätze sind realistischer als Export-Megaprojekte. Namibia sollte zuerst den eigenen Strombedarf decken – nur die Hälfte der Bevölkerung hat Zugang zum Netz – bevor es zum Energie-Exporteur wird.

Alternative 3: Meerwasserentsalzung als eigenständiges Geschäftsmodell

Ein oft übersehener Aspekt: Die für Wasserstoffproduktion notwendige Meerwasserentsalzung ist für Namibia selbst von enormem Wert. Das Land leidet unter extremer Trockenheit – nur an 300 Tagen scheint die Sonne, aber Regen ist Mangelware. Die Universität Namibia (UNAM) betreibt bereits eine Pilotanlage an der Atlantikküste, die mit Solarenergie drei Kubikmeter Trinkwasser pro Stunde erzeugt.

Statt das Wasser für Wasserstoff zu verschwenden, könnte Namibia eine großflächige Entsalzungsinfrastruktur aufbauen und damit Landwirtschaft, Tourismus und städtische Versorgung revolutionieren. Die Kosten für eine Pilotanlage lagen bei nur 300.000 Euro – lächerlich gering im Vergleich zu Milliarden-Wasserstoffprojekten. Mit solarbetriebenen Entsalzungsanlagen könnte Namibia nicht nur Trinkwasser gewinnen, sondern auch Bewässerungssysteme für Landwirtschaft in der Wüste schaffen.

Ein Bericht des GreeN-H2-Projekts zeigt: Meerwasserentsalzung ist technologisch ausgereift und für die Wasserstoffindustrie geeignet. Doch warum nicht den umgekehrten Weg gehen? Entsalzung als Primärziel, Wasserstoff als Nebenprodukt. Die entstehende Sole könnte zur Salzgewinnung genutzt werden – ein weiteres Exportprodukt. Terrawater und andere Unternehmen haben bereits Interesse an größeren Projekten signalisiert.

Die Realität: Deutschlands Wasserstoff Strategie am Boden

Das Scheitern des Namibia-Projekts ist kein Einzelfall, sondern symptomatisch für Europas Wasserstoff-Krise. China, Südkorea und Japan haben bereits jetzt doppelt so viel Produktionskapazität in Betrieb wie Europa – und das bei konkreteren Plänen. Der Nationale Wasserstoffrat warnt: „Die Ziele für den Wasserstoffhochlauf im Jahr 2030 werden krachend verfehlt.“

Deutschland steckt im „Henne-Ei-Problem“: Keine Nachfrage, keine Infrastruktur, keine Investoren. Die mittelfristige Finanzplanung der Nationalen Wasserstoffstrategie wurde auf ein Drittel gekürzt. Der Haushaltstitel „Dekarbonisierung der Industrie“ soll von 24,5 auf unter zwei Milliarden Euro gesenkt werden. Gleichzeitig verabschiedet die Regierung ein Wasserstoff-Beschleunigungsgesetz – ein Widerspruch, der die Hilflosigkeit offenbart.

Der Ausstieg sendet ein fatales Signal an potenzielle Investoren: Europäische Konzerne sind unzuverlässig, die politischen Rahmenbedingungen instabil, die Nachfrage inexistent. Namibia hat drei Jahre in die Partnerschaft investiert – und wird nun im Regen stehen gelassen. Diese Erfahrung wird das Land bei künftigen Kooperationen nicht vergessen. Vertrauen ist schnell verspielt, aber schwer zurückzugewinnen.

Was Namibia jetzt tun sollte: Pragmatische Strategien

Fokus auf lokale Wertschöpfung: Grünes Eisen, Stahl, Dünger und Chemikalien vor Ort produzieren statt Rohstoff-Export. Das Oshivela-Modell skalieren und weitere Eisenwerke errichten. Kooperationen mit afrikanischen Stahlproduzenten suchen.

Afrikanischer Wasserstoffmarkt entwickeln: Bilaterale Abkommen mit Südafrika, Botswana und Angola schließen. Regionale Pipelines und Transportinfrastruktur aufbauen. AfCFTA-Regelungen nutzen für zollfreien Wasserstoffhandel.

Meerwasserentsalzung priorisieren: Großflächige solar-betriebene Entsalzungsanlagen bauen. Trinkwasserversorgung für Bevölkerung sichern. Bewässerungssysteme für Wüstenlandwirtschaft entwickeln. Salzgewinnung als Nebenprodukt etablieren.

Technologie-Transfer sichern: Nicht nur Geld, sondern Know-how ins Land holen. Universitäten und Forschungsinstitute stärken. Ausbildungsprogramme für Elektrolyseur-Wartung und Betrieb aufbauen. Lokale Ingenieure und Techniker systematisch qualifizieren.

Realistische Partnerwahl: Mit echten Wasserstoff-Spezialisten kooperieren, nicht mit Energie-Dinosauriern. Kleinere, bewährte Projekte bevorzugen statt Megaprojekte. Staatliche Beteiligung an allen Vorhaben sichern. Transparente Verträge mit Exit-Klauseln für unzuverlässige Partner.

Fazit: Das Ende einer Illusion – und der Beginn pragmatischer Lösungen

Der Rückzug aus Namibia ist das Ende einer teuren Illusion. Die Vorstellung, Afrika werde zum H2-Lieferanten für Europa, während der Kontinent selbst unterentwickelt bleibt, war von Anfang an kolonialistisch und ökonomisch unsinnig. Die absurde Prozesskette von Entsalzung über Elektrolyse, Ammoniak-Konversion, Schiffstransport und Rückumwandlung verschwendet Energie und Kapital.

Doch das Scheitern birgt Chancen: Namibia kann nun auf intelligentere Strategien setzen. Grüner Stahl für afrikanische Märkte, lokale Wasserstoffnutzung und Meerwasserentsalzung für die eigene Bevölkerung sind die besseren Wege. Statt als Rohstofflieferant zu dienen, könnte Namibia zum Industrie-Hub des südlichen Afrikas werden – mit eigener Wertschöpfung, lokalem Know-how und nachhaltiger Entwicklung.

Die deutsche Wasserstoffstrategie ist gescheitert, weil sie auf Export statt auf realistische Nachfrage setzte. Namibia sollte diesen Fehler nicht wiederholen. Die Zukunft liegt nicht in Megaprojekten für Europa, sondern in pragmatischen, lokal verankerten Lösungen für Afrika. Das Oshivela-Projekt zeigt: Es funktioniert – wenn man es richtig macht.


Namibische Wüste mit Windturbinen und Solarpaneelen im Vordergrund, einer verlassenen grünen Wasserstoffanlage und einer erfolgreichen modernen grünen Stahlfabrik im Hintergrund. Dramatische Beleuchtung betont den Kontrast zwischen einem gescheiterten Industrieprojekt und einer nachhaltigen Energieinitiative in Afrika.
Namibische Wüste mit Windturbinen und Solarpaneelen im Vordergrund, einer verlassenen grünen Wasserstoffanlage und einer erfolgreichen modernen grünen Stahlfabrik im Hintergrund. Dramatische Beleuchtung betont den Kontrast zwischen einem gescheiterten Industrieprojekt und einer nachhaltigen Energieinitiative in Afrika.

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